Blaumachen wie die Ägypter
Objekt des Monats Februar 2025
»Das Ziel nämlich, welches die Alten durch Arbeit und Fleiß in der Kunst anstrebten, das wird jetzt durch Farben und deren reizende Wirkung erreicht, dafür sorgt jetzt fürstlicher Aufwand.« Glauben wir diesen Worten des römischen Autors Vitruv, dann hielt dieser scheinbar nicht besonders viel von luxuriöser Wandmalerei. Im Römerkastell von Oberstimm wollte man aber offenbar nicht auf hochwertige Malereien verzichten, wie unsere Objekte des Monats bezeugen: Es handelt sich um zwei Pigmentkugeln von Ägyptisch Blau, die in unserer Römerabteilung ausgestellt sind. Sie kamen bei Ausgrabungen in den 1980er Jahren zutage.
In Oberstimm fanden sich zudem Reste von Wandmalereien. Diese zeigen Farben wie Grün, Gelb, Rot, Schwarz und Weiß. Doch wo ist das Blau? Obwohl sich unter den ausgegrabenen Wandverputz-Fragmenten keine blauen finden, können wir dank unserer Objekte des Monats wohl davon ausgehen, dass es in Oberstimm auch blaue Fresken gegeben hat.
Der Begriff Pigment kommt vom lateinischen pigmentum für Farbe oder Schminke und bezeichnet farbgebende Substanzen. Ägyptisch Blau, wie es heute heißt, wurde vermutlich zuerst in Ägypten produziert, worüber uns erneut Vitruv informiert: »Die künstliche Herstellung von caeruleum wurde zuerst in Alexandria erfunden.« Von seinem Heimatland aus verbreitete sich das Pigment über den Handel in der gesamten mediterranen Welt.
Im römischen Kulturraum waren standardisierte Pigmentkugeln mit einem Durchmesser von rund zwei Zentimetern unter dem Namen caeruleum bekannt. Der Produktionsort unserer beiden Pigmentkugeln ist bislang noch unklar. Für die römische Siedlung auf dem Magdalensberg in Österreich beispielsweise ließ sich eine Herkunft höchstwahrscheinlich aus einer Fabrik in Puteoli (im modernen Pozzuoli bei Neapel) nachvollziehen, über die uns wiederum Vitruv berichtet.
Derselbe überliefert uns auch ein Rezept zur Herstellung und Zusammensetzung blauer Farbpigmente, nämlich eine Mischung aus Sand, Soda und Kupferspänen, die mit Wasser vermengt und zu Kügelchen geformt wurde. Durch Erhitzung im Ofen erhielten diese schließlich ihre typisch blaue Farbe. Danach werden die Kugeln zermahlen und dann geschlämmt, wobei sich das reine blaue Pigment von den verkohlten Kupferspänen trennt. Durch moderne Experimente konnten weitere Lücken im antiken Rezept gefüllt werden, etwa eine zwingende Beimengung von Kupferraspeln und Kalk.
Doch was genau gedachte man mit den Kugeln einzufärben? Caeruleum wurde im Römischen Reich nachweislich in der Wandmalerei verwendet, was sich etwa in Pompeji, an Grabsteinen und bei Mumienportraits belegen lässt. Da die Pigmentkugeln bei den Grabungen am Schiffsanleger westlich des hiesigen Römerkastells gefunden wurden, könnte dies entweder einen Hinweis auf deren Import liefern, oder aber auf eine Bemalung der berühmten Römerboote von Oberstimm verweisen. Kolorierte Schiffe waren in der Antike nicht unüblich, am Holz »unserer« Wracks konnten bislang allerdings keine Pigmentreste nachgewiesen werden.
Eine Verwendung in der Wandmalerei ist ebenfalls möglich. Innerhalb des Kastells kämen für eine Bemalung das praetorium, also das Wohnhaus des Kommandanten, infrage oder die principia, das Stabsgebäude.
Maria Braun
Literatur
C.-H. Wunderlich, Das Geheimnis der blauen Kugeln. Versuche zur Herstellung von Caeruleum (Ägyptischblau), Archäologische Berichte aus Sachsen-Anhalt, 1998, Heft 2, 77–84, besonders 77–80
N. Welker, Untersuchungen von Pigmenten in römischer Wandmalerei und antiken Gläsern (Dissertation Julius-Maximilians-Universität Würzburg 2008) 32–33
A. Knoepfli, Wandmalerei, Mosaik, Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken 2 (Stuttgart 1990) 46
D. Baatz – R. Bockius, Vegetius und die römische Flotte (Mainz 1997) 15
E. Schindler Kaudelka – L. Cavassa, Importe aus der Vesuvregion in die Stadt Magdalensberg, in: M. Giglio – L. Toniolo (Hrsg.), The Production and Distribution Network of the Bay of Napels: From a Regional to a Mediterranean Perspective. Proceedings of the 19th International Congress of Classical Archaeology Cologne/Bonn 22-–26 May 2018, Archaeology and Economy in the Ancient World 31 (Heidelberg 2022) 111–125, besonders 120–121