Hätte, hätte, Gürtelkette
Objekt des Monats Januar 2025
Im kelten römer museum gibt es viele Ausstellungsstücke zu entdecken. Einige fallen neben den archäologischen Highlights vielleicht nicht sofort ins Auge, doch auch sie haben spannende Geschichten zu erzählen!
In unserer Reihe »Objekt des Monats« stellen wir ausgewählte archäologische Funde und weitere Exponate aus unserer Dauerausstellung oder einer aktuellen Sonderausstellung näher vor.
Manche Dinge kommen einfach nie aus der Mode – Eine gute Lederjacke zum Beispiel oder Gürtelketten, die nicht nur heutzutage en vogue sind, sondern auch schon vor mehr als 2000 Jahren getragen wurden.
Das Objekt des Monats Januar 2025 ist eine bronzene Gürtelkette, die an einem Ende einen Haken in Pferdekopfform aufweist. Sie entstammt aus Grab 37 eines Friedhofs, der in das Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. datiert. Sowohl die Gürtelkette, als auch Gräber im Allgemeinen bilden wichtige Zeugnisse der Vergangenheit, die uns spannende Hinweise auf die einstige Lebensrealität vor über 2000 Jahren geben können.
Die 152 cm lange bronzene Kette setzt sich aus massiven Ringen und 24 gegossenen, stark profilierten Stabgliedern zusammen. An den Enden der Kette befinden sich kreuzförmige Zierglieder, die mit roter Email geschmückt und in zwei Fällen in der Form von Pferdeköpfen ausgearbeitet sind. Der Pferdekopfhaken am Ende der Kette diente als Verschluss, der in die massiven Ringe eingehakt werden konnte. Das kreuzförmige Ende, das in zwei schmalen Ketten mit Bronzebommeln mündet, hing einst schmuckvoll am Gewand einer Keltin herab.
Die figürlich gestalteten Haken sind Vertreter der plastischen Latènekunst. Der Stil, in dem beispielsweise auch die Pferdekopfhaken ausgearbeitet sind, wird durch seine Abstraktionen und die Vereinfachung der Motivik auch Disney Stil genannt. Wie in der Zeichentrickvariante werden die Tiere auch bei den keltischen Kunststücken auf ihre wesentlichen Merkmale reduziert, wie zum Beispiel der geschwungene Hals des Pferdes, seine lange Schnauze und seine Ohren.
Grabfunde wie diese Gürtelkette ermöglichen uns Teile der keltischen Tracht zu rekonstruieren. Den Großteil – wie Gewand, Kopfbedeckung oder Frisuren – überdauern ihre Zeit nur selten und wenn, dann nur in geringem Maße. Die Teile, die uns erhalten bleiben sind aus unvergänglichen Materialien. In den meisten Fällen ist das der Schmuck, wie eben diese Gürtelkette, aber auch Fibeln, die den Gewändern als Gewandverschluss dienten, Bronze- und Glasarmreifen (Objekt des Monats August 2020) Glasperlen Colliers, sowie Waffen, Schildbeschläge oder Gürtelschnallen. Sie geben uns einen kleinen Ausblick darauf, wie Menschen der Mittellaténezeit für ihre Bestattung gekleidet wurden und darüber hinaus auch darauf, wie sie sich zu Lebzeiten gekleidet haben könnten.
Gräber sind neben Siedlungs- und Hortfunden eine der Hauptquellen für schriftlose Kulturen, die uns Auskunft über das Leben und Sterben der damaligen Gesellschaft geben können. Die Ausstattung der Gräber wird durch diverse Faktoren bestimmt. Dazu zählen neben regionalen und zeitlichen Einflüssen auch das Geschlecht, das Alter, die soziale Stellung oder der »Beruf« der Verstorbenen. Durch Ausgrabungen und anthropologischen Untersuchungen von Skelettresten können das biologische Geschlecht und das Alter der Bestatteten ermittelt werden. Außerdem kann durch die Beigaben und Bestattungsart auf bestimmte Bestattungssitten geschlossen werden. Die Untersuchungen zeigten, dass die Grab- und Bestattungskultur im keltischen Europa einen Wandel durchzieht:
Während in der Hallstattzeit eine ausgewählte Elite in Hügelgräbern bestattet wurde, treten im Laufe des 4. Jahrhunderts v. Chr. Flachgräberfelder in den Vordergrund. In den letzten beiden Jahrhunderten v. Chr. wandelte sich die Grabkultur wieder radikal. Es kam zu einem vollständigen Erlöschen der Beigabensitte, so dass aus der Spätlatènezeit kaum Grabfunde festgestellt werden können.
Das Grab 37, aus dem die Gürtelkette stammt, gehörte einer Keltin, die zu einer gehobeneren Gesellschaftsschicht gehört haben muss. Das zeigt nicht nur die aufwendig gestaltete Gürtelkette, sondern auch die Eisenfibeln und die Glasarmreifen und -perlen. Auch heute hat die Gürtelkette, die früher die Taille einer keltischen Frau zierte, noch eine große Bedeutung. Der kunstvoll geschmiedete Pferdekopfhaken eines sehr ähnlichen Exemplars schmückt jetzt das Wappen des Ortes, in dem sie gefunden wurde – Manching.
Henrike Wachsmuth
Literatur
A. Abegg, A. Haffner, Gräber – Spiegel des Lebens: Zum Totenbrauchtum der Kelten und Römer am Beispiel des Treverer-Gräberfeldes Wederath-Belginum (Mainz am Rhein 1989) 49–51
E. Albrecht, Das Wappen Manchings in: Manching. Moderne Marktgemeinde mit bedeutsamer Vergangenheit und großer Zukunft, 3. Auflage (Manching 2014) 21
W. Krämer, Die Grabfunde von Manching und die latènezeitlichen Flachgräber in Südbayern, Die Ausgrabungen in Manching 9 (Wiesbaden 1985) 13, 88, Taf. 23
M. Schußmann, Die Kelten in Bayern. Archäologie und Geschichte, 3. Auflage (Regensburg 2022) 227–228, 354–355
S. Sievers, Manching. Die Keltenstadt, Führer zu den archäologischen Denkmälern in Bayern – Oberbayern 3, 2. Auflage (Stuttgart 2007) 24–27
H. Wendling, Zur Dynamik des Todes – Grabrituale als Gegenstand eisenzeitlicher Archäologie in: H. Wendling u. a. (Hrsg.), Übergangswelten – Todesriten. Forschungen zur Bestattungskultur der europäischen Eisenzeit. Beiträge zur internationalen Tagung der AG Eisenzeit in Hallein 2015 und zur Sitzung der AG Eisenzeit während des 8. Deutschen Archäologiekongresses in Berlin 2014 (Langenweißbach 2018) 9–13
Autor:innen der Reihe
Dr. Markus Strathaus
Jasmin Braun M.A.
Tobias Esch M.A.
Fabienne Karl M.A.
Henrike Wachsmuth M.A.
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