Ohne Mampf kein Kampf
Objekt des Monats Mai 2025
Im kelten römer museum gibt es viele Ausstellungsstücke zu entdecken. Einige fallen neben den archäologischen Highlights vielleicht nicht sofort ins Auge, doch auch sie haben spannende Geschichten zu erzählen!
In unserer Reihe »Objekt des Monats« stellen wir ausgewählte archäologische Funde und weitere Exponate aus unserer Dauerausstellung oder einer aktuellen Sonderausstellung näher vor.
»Insgesamt darf man die Mahlzeiten nicht vernachlässigen. Oft schon gingen Armeen unter, weil sie durch Nahrungsmangel geschwächt waren«, heißt es in Onasanders Schrift »Gute Führung«, einem Handbuch für römische Offiziere aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Dieser Ratschlag macht deutlich: Für einen erfolgreichen Feldzug war eine ausreichende Versorgung der Kämpfer absolut unverzichtbar.
Ein römischer Legionär erhielt täglich rund 1 Kilogramm Getreide, meist Weizen. Der Bedarf einer ganzen Legion betrug somit – bei einer maximalen Sollstärke von 6000 Mann – rund 6 Tonnen Getreide pro Tag! Und wenn wir uns nun vor Augen führen, dass zum Beispiel die Armee, die Kaiser Trajan im Jahre 101 n. Chr. gegen die Daker im heutigen Rumänien einsetzte, auf 100.000 Mann geschätzt wird, dann stellt sich natürlich die Frage: Wie bewerkstelligte Rom eigentlich die Versorgung all dieser Kämpfer? Einen Teil der Antwort hierauf liefert unser Objekt des Monats Mai 2025: das Modell eines römischen Speichers, lateinisch: Horreum. Ihr könnt es in unserer neuen Sonderausstellung »Roms Armee im Feld« bewundern.
Horrea konnten aus Stein oder Holz bestehen. Sie verfügten über ein spezielles Belüftungssystem: Ein auf Pfeilern oder Pfosten ruhender Fußboden und zusätzliche Schächte sorgten für eine konstante Luftzirkulation. Das hierdurch im Inneren erzeugte trockene und kühle Raumklima verringerte Schimmelbildung und bot somit optimale Bedingungen für die Lagerung von Lebensmitteln, vor allem von Getreide. Fenstergitter aus Eisen oder Holz boten zudem Schutz vor Getreideschädlingen wie Nagern oder Insekten. Getreide wurde wohl üblicherweise in Säcken transportiert, gelagert und auch in dieser Form an die Truppe ausgegeben. Unser Modell zeigt, wie im Speicher gelagerte Getreidesäcke auf Maultier-Fuhrwerke geladen werden.
Horrea sind in nahezu sämtlichen Gebieten des Römischen Reichs gefunden worden, wobei ihre Größe stark variieren kann. Die Durchschnittsgröße lag jedoch bei 25 mal 10 Metern, also bei einer Fläche von 250 Quadratmetern. Unser Modell stellt ein idealtypisches Horreum mit ebendiesen Maßen dar.
An strategisch günstigen Punkten, etwa entlang wichtiger Straßen oder Flüsse, legte man Militärlager mit dazugehörigen Speichern an, die somit als Versorgungs- und Nachschubbasen dienten. Mit ihnen ließen sich sowohl neu angelegte Stützpunkte als auch Truppen auf dem Marsch versorgen.
Auch das Kastell von Oberstimm, das ursprünglich vor allem der Sicherung der rätischen Donaugrenze gedient hatte, erfüllte offenbar seit der Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert n. Chr. die Funktion einer Versorgungsbasis: 1982 legten Archäolog:innen unweit des Kastells die Reste von zwei hölzernen Horrea aus der Zeit um 100 n. Chr. frei. Deren Dimensionen müssen beeindruckend gewesen sein: Bei jeweils 46 Metern Länge und 24 Metern Breite hätte unser »Ideal-Horreum« vier Mal in einem der beiden Speicher Platz gefunden. Die Oberstimmer Horrea besaßen ein gemeinsames Fassungsvermögen von rund 2000 Tonnen Getreide. Damit hätte man eine komplette Legion ein Jahr lang versorgen können!
Es ist gut möglich, dass die berühmten römischen Patrouillenboote, die ebenfalls in Oberstimm gefunden wurden, unter anderem als Geleitschutz für größere Transportschiffe eingesetzt wurden. Waren die Speicher von Oberstimm für die Versorgung neuer Militärlager nördlich der Donau gedacht? Oder diente Oberstimm als Nachschubbasis bei der Verlegung römischer Truppen vom Rhein an die untere Donau? 101/102 und 105/106 n. Chr. setzte Kaiser Trajan römische Legionen aus dem Westen gegen die Daker im heutigen Rumänien ein.
Markus Strathaus
Literatur
Anne Johnson, Römische Kastelle des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. in Britannien und in den germanischen Provinzen des Römerreichs, Kulturgeschichte der antiken Welt 37, 2. Auflage (Mainz 1987) 162–175
Markus Junkelmann, Panis Militaris. Die Ernährung der römischen Soldaten oder der Grundstoff der Macht, Kulturgeschichte der antiken Welt 75 (Mainz 1997) 66–72
Karl Heinz Rieder, Römische Hallenbauten in Oberstimm, in: Das Archäologische Jahr in Bayern, 1982, 101–103
Jonathan P. Roth, The logistics of the Roman army at war (264 BC–AD 235), Columbia Studies in the Classical Tradition 22 (Leiden 1999) 176–177
Autor:innen der Reihe
Dr. Markus Strathaus
Jasmin Braun M.A.
Maria Braun B.A.
Tobias Esch M.A.
Fabienne Karl M.A.
Henrike Wachsmuth M.A.
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