Gut ausgeschildert!
Objekt des Monats Mai 2022
Die Ausbildung römischer Legionäre umfasste neben Waffenübungen, Marschieren und Exerzieren auch das Einüben spezieller taktischer Formationen. Die wohl bekannteste dieser Kampfformationen ist die »Schildkröte«, lateinisch testudo.
Bei unserem Objekt des Monats Mai 2022 handelt es sich um ein Modell, das Legionäre während des Trainierens dieser Formation – unter Aufsicht eines Unteroffiziers (optio) – zeigt.
Die Soldaten in der vorderen Angriffsreihe halten ihre Schilde frontal vor den Körper, während die Kämpfer in den nachfolgenden Reihen die Schilde waagerecht über dem Kopf tragen und dadurch eine Art Dach bilden. Wie ein Schildkrötenpanzer schirmte das so entstandene Schildgehäuse den inneren Kern ab. (Dass die landläufig als eher gutmütig und friedvoll geltende Schildkröte gelegentlich höchst kämpferisch auftreten kann, dürfte Comic- bzw. Cartoon-Fans ohnehin bekannt sein).
Die testudo bot einen effektiven Schutz gegen Fernwaffen wie etwa Pfeile, Speere und Schleuderbleie. Da sie einer Einheit somit das Vorrücken auch unter Beschuss ermöglichte, eignete sie sich zum Erstürmen feindlicher Befestigungsanlagen. Es bedurfte eines intensiven Trainings, um die Formation im passenden Moment einzunehmen, sich gemeinsam koordiniert zu bewegen und die »Schildkröte« auf Kommando auch wieder aufzulösen.
Aber die testudo stellte keine ausschließlich römische Angriffsmethode dar. Zum Beispiel auch die Gallier setzten sie während Belagerungen ein, wie Julius Cäsar in seinem Werk »Der Gallische Krieg« zu berichten weiß. Neben den Legionären, also den schwerbewaffneten Infanterieverbänden der römischen Armee, bedienten sich auch die Hilfstruppen der »Schildkröte«.
Möchtet Ihr mehr über römische Kampftaktiken und das Training in der römischen Armee erfahren? Dann schaut doch in unserer neuen Sonderausstellung »Im Dienste Roms – Legionen und Hilfstruppen« vorbei!
Markus Strathaus
Literatur
M. Junkelmann, Die Legionen des Augustus, 15. Auflage (München 2015) 332. 339
N. Berry – J. Pollard, Die Legionen Roms, 3. Auflage (Darmstadt 2016) 46–47