Yes we camp!
Objekt(e) des Monats August 2024
Mit einem gemütlichen Campingausflug hatte der Dienst römischer Soldaten zwar wenig zu tun, aber auch sie übernachteten bei Feldzügen in Zelten. Erst wenn ein dauerhaftes Lager oder Kastell errichtet war, zogen sie in feste Kasernen um. Eng war es allerdings in beiden Unterkünften: Jeweils acht Mann teilten sich ein Zelt oder eine Stube.
Diese Gemeinschaft, die nicht nur Unterkunft, sondern auch eine Getreidemühle und ein Maultier miteinander teilte, nannte man contubernium. Die Soldaten kämpften und kochten zusammen, hielten gemeinsam Wache und erledigten auch viele andere Aufgaben im Verbund. Das contubernium bildete somit eine Kampf- und Haushaltsgemeinschaft und die kleinste organisatorische Einheit innerhalb der römischen Armee.
Während sich in festen Lagern die Mannschaftsbaracken durch Reste der Pfostenstellungen oder durch Steinfundamente recht gut nachweisen lassen, bleiben von den Zelten in der Regel nur Zeltheringe erhalten, größtenteils aus Eisen. Seltener sind dagegen Exemplare aus Holz und Reste der Zelthaut aus Leder, also Objekte aus Materialien, die im Laufe der Jahrhunderte meist vollständig verrotten.
Umso erstaunlicher ist es, dass in Oberstimm gleich zwei organische Zeltbestandteile die Zeit so gut überdauert haben: Bei unseren Objekten des Monats August 2024 handelt es sich um einen hölzernen Zelthering und ein nahezu dreieckiges Lederstück. Der Pflock ist unten angespitzt und weist ein verdicktes oberes Ende auf, an das eine Spannleine verknotet wurde. Solche Heringe aus Holz waren zwar schneller und kostengünstiger herzustellen als solche aus Eisen, sie verschlissen aber schneller und waren bei sehr hartem oder steinigem Boden kaum zu gebrauchen. Das Lederstück weist oben einen Winkel von 90 Grad und an den unteren Ecken Winkel von je 45 Grad auf. Es saß ursprünglich am Giebel direkt unter der Dachmitte, entweder an der Vorder- oder an der Rückseite des Zeltes. Am unteren »Zipfel« dürfte eine Zeltschnur befestigt gewesen sein.
Anhand von Originalfunden und bildlichen Quellen – etwa den Reliefs auf der Trajanssäule in Rom – sind wir recht gut über das Aussehen römischer Militärzelte unterrichtet. Die Mannschaftsunterkünfte verfügten jeweils über eine Grundfläche von etwa 3 x 3 Metern, gerade Seitenwände und ein Satteldach, das auf Holzstangen ruhte. Die Außenhaut bestand aus Kalbs- oder Ziegenleder, genauer aus rechteckigen und dreieckigen Lederstücken, die miteinander zu Bahnen vernäht waren. Diese Bahnen konnten dann zu einem Zelt zusammengefügt werden und zwar dergestalt, dass die höher liegenden Bahnen die unteren dachziegelartig überdeckten, um das Eindringen von Wasser zu verhindern. Mit Zeltheringen verankerte Spannleinen sorgten für Stabilität.
Durch einen ägyptischen Papyrus ist überliefert, dass sich jede Zeltbahn im Besitz jeweils eines Soldaten des contubernium befand. Jeder Besitzer musste also für seine eigene Bahn Verantwortung tragen und war durch den sozialen Druck der Zeltgemeinschaft dazu angehalten, seine Bahn und damit auch die gemeinsame Unterkunft funktionstüchtig zu halten. Hierzu gehörte etwa das Einfetten des Leders, um es vor Feuchtigkeit zu schützen.
Tobias Esch
Literatur
T. Fischer, Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte, 2. Auflage (Regensburg 2012) 241–242. 261–263. 267–269
M. Junkelmann, Die Legionen des Augustus, 15. Auflage (München 2015) 309–313