Hinter Schloss und Riegel
Objekt(e) des Monats Juli 2024
Was verbinden wir heute mit Städten? Vermutlich dichte Bebauung, betonierte Flächen, eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse, vielbefahrene Straßen und zahlreiche Möglichkeiten sein Leben zu bestreiten, ob im Berufsalltag oder in der Freizeit. In der damaligen Keltenstadt von Manching sah es etwas anders aus.
Gleichwohl entstanden in keltischer Zeit im Süden Deutschlands neue Siedlungsformen und mit ihnen auch neue Herausforderungen und Lebensrealitäten. Die ersten Stadtkinder mussten sich mit ganz neuen Problemen wie mangelnder Hygiene, sozialen Spannungen, aber auch der Einschränkung von Privatsphäre und Fragen der Besitzsicherung herumschlagen. Hiervon zeugen auch unsere Objekte des Monats Juli 2024 aus dem Oppidum von Manching: Schlüssel.
Vielleicht mögen sie im ersten Moment nicht danach aussehen, aber die großen Haken und S-förmigen Objekte aus Eisen waren zum Auf- und Abschließen von Türen und Truhen gedacht. Diese mächtigen Eisenschlüssel waren teilweise über 30 Zentimeter lang und passten somit nicht so einfach in die Hosentasche. Passend zu Ihnen wurden auch Schlossbleche gefunden. Sie belegen das Bedürfnis, Hab und Gut vor fremdem Zugriff zu schützen. Meist waren Sie schlicht gestaltet, wie auf dem Bild zu erkennen ist. In Bayern wurden aber auch aufwendig verzierte Exemplare gefunden, etwa mit Stierköpfen dekorierte Schlüssel, die jetzt in unserem »Mutterhaus«, der Archäologischen Staatssammlung in München, zu bewundern sind.
Bei den Schlüsseln ist zwischen verschiedenen Schlosstypen zu unterscheiden: Große Türen und Tore hat man mit einem sogenannten Schubriegelschloss versperrt. Dabei wurde ein großer hölzerner Riegel im Inneren der Tür angebracht. An dem Riegel befanden sich Kerben oder Löcher, in die das Ende des Hakenschlüssels greifen konnte, um die Tür von außen zu entriegeln. In der Dauerausstellung des kelten römer museums befindet sich der Teilnachbau eines keltischen Hauses, in dem Ihr ein solches Türschloss ausprobieren könnt.
Das Federschloss war besonders für Truhen geeignet und konnte nur mit einem zweiteiligen Schlüssel bedient werden. Dieser bestand aus zwei Ösenstiften, von denen einer zwei abstehende Federn an den Seiten aufwies und zum Verschließen gedacht war. Geöffnet werden konnte das Schloss nur, indem der zweite Ösenstift durch ein zweites Schlüsselloch eingesteckt wurde und die Federn des ersten Stiftes so zusammendrückte, dass der Federstift herausgezogen werden konnte.
Heutzutage sind unsere Schlüssel kleiner, feiner, aufwendiger und schwieriger zu fälschen, letztlich erfüllen sie aber denselben Zweck wie ihre keltischen Vorgänger.
Henrike Wachsmuth
Literatur
G. Jacobi, Werkzeug und Gerät aus dem Oppidum von Manching, Die Ausgrabungen in Manching 5 (Wiesbaden 1974) 162–166
M. Schußmann, Die Kelten in Bayern. Archäologie und Geschichte, 3. Auflage (Regensburg 2022) 118–119
S. Sievers, Manching. Die Keltenstadt, Führer zu den archäologischen Denkmälern in Bayern – Oberbayern 3, 2. Auflage (Stuttgart 2007) 48–49
H. Wendling, Wege durch Bayerns Vergangenheit, Ausstellungskataloge der Archäologischen Staatssammlung 44 (München 2024) 66–67