Die Grenze des guten Geschmacks?

Objekt(e) des Monats November 2020

Austernschalen aus dem römischen Militärkastell von Oberstimm.

Was den Transport von Feinkost anbelangt, so war römischen Kaufleuten kein Weg zu weit. Und so mussten Freunde gehobener Gaumenfreuden auch an der nördlichen Außengrenze des Imperiums nicht auf Leckerbissen verzichten (siehe hierzu auch unseren Beitrag zum Monat Mai 2020).

Bei unseren Objekten des Monats November 2020 handelt es sich um Austernschalen, die im Areal des römischen Kastells von Oberstimm ausgegraben wurden.

Die Delikatess-Muscheln stellten eine Besonderheit auf dem gewöhnlich eher einfachen Speiseplan römischer Soldaten dar. Diesen bereicherten in Oberstimm bisweilen auch Wildfleisch – sogar Elch und Bär – sowie mediterrane Produkte wie Olivenöl oder das berühmte garum, eine Würzsoße aus fermentiertem Fisch. Die Austern wurden roh geschlürft oder zu Klößchen gerollt und mit Kümmelsoße serviert.

Für die Antike sind zahlreiche Austernvorkommen belegt, die sich häufig an Flussmündungen befanden. Das Verbreitungsgebiet reichte von der Schwarzmeerküste über das Nildelta bis zu den Küsten Schottlands. Zwar konnten sie geräuchert oder eingelegt und somit länger haltbar gemacht werden. Die Belieferung des Binnenlandes mit frischer Lebendware erforderte aber einen raschen, logistisch gut koordinierten Transport.

Ob dies auch bei Cäsars Invasion in Britannien eine Rolle spielte? Sie habe – so spottete der römische Dichter Sallust (86–35/34 v. Chr.) – nur einen Vorteil gebracht: Immerhin gäbe es dort Austern!

Markus Strathaus

Literatur

C. Höpken, Römische Austern aus Bonn und den Limeskastellen Zugmantel, Alteburg-Heftrich und Saalburg, Saalburg-Jahrbuch 58, 2014, 89–104